Fragen zur Planung und Anschaffung meines ersten Meerwasser-Aquariums

  • Guten Morgen zusammen,


    ich werde wahrscheinlich Anfang nächsten Jahres mit meiner Frau ein Haus oder eine Wohnung kaufen.

    Dort möchte ich dann mein erstes Meerwasser-Aquarium einrichten.


    Daher muss ich sagen kommen mir einige Fragen. Leider sind die Verkäufer bei mir vor Ort nicht sehr kompetent und widersprechen sich gefühlt in jedem zweiten Satz. Daher hoffe ich auf das hier geballte Fachwissen. :)


    Fangen wir doch einfach mal mit meinen Grundfragen an.


    1. Ich habe an ein 425l - 500l gedacht. Ist das für einen Anfänger eine gute Größe?


    2. Welche Marke bzw. Welches Aquarium empfiehlt sich? Ich möchte nämlich nicht unnötig Geld für den Namen ausgeben.


    3. Welche Technische Ausstattung im Unterschrank wird alles benötigt? Ich habe jetzt schon von Förderpumpen, Osmosebecken, Fliesfilter und Abschäumer gehört. Muss aber sagen das mich das ganze aktuell etwas erschlägt da ich da auch keine Ahnung habe welche Geräte allgemein passend sind ( z. B. Pumpengröße passend zum Aquarium ) und auch da die Frage des Herstellers.


    4. Man hat mir gesagt das man für die Technik 10€/Liter rechnen soll, ist das realistisch?


    Ich freue mich über jegliche Unterstützung und Empfehlungen. :)


    vielen Dank schon mal im Voraus.

  • Hallo Dennis,


    ein Becken von 500l gehört bereits zu den größeren Becken und benötigt etwas mehr Vorbereitung als ein kleineres Becken. Zuerst ist dafür die Statik abzuklopfen. Ein normales Haus hat meistens eine zugelassene Flächenlast von 150kg/m², was natürlich ziemlich lächerlich ist. Eine Gewerbe-Immobilie hat meist eine zugelassene Flächenlast von 300kg/m², was besser ist, aber für große Becken dennoch nicht ausreicht.


    Meist ist es ausreichend, wenn das Becken neben einer tragenden Wand steht und die Decke nicht gerade ein Altbau ist, aber wenn man schon ein Haus baut, dann sollte man auch direkt berücksichtigen, wo das Becken stehen soll und eine Flächenlast von 700kg/m² vorsehen. Auch eine Fußbodenheizung sollte man mit Berücksichtigung dieser hohen Last planen und z.B. die Last über Stützen ableiten, die direkt auf den Beton gehen und nicht auf einen schwimmenden Estrich mit Wärmeschlaufen. Ein gebrochener Estrich mit kaputten Heizungssclaufen ist eine teure Sache und nicht notwendig mit etwas vorausschauender Planung.


    Bei größeren Becken sind auch noch zwei Punkte extrem wichtig: die Feuchtigkeit, die aus dem Becken verdunstet, kann die Wohnung schnell zur Sauna machen und Schimmel verursachen. Zusätzlich verursacht die Abwärme vor allem der Lampe im Sommer schnell eine Hitzeentwicklung, die in Hitzeperioden zu Wärmeproblemen im Becken führt. Meine Empfehlung für den Aquarienraum wäre eine Raumklimatisierung vorzusehen, welche die aggressive Salzwasser-Verdunstung eindämmt. Auch wenn pauschal gesagt wird, dass praktisch nur Wasser verdunstet wird in der Praxis trotzdem immer etwas Salz mitgerissen, welche für viel Rost sorgt bei Metallteilen im gesamten Raum.


    Ob so ein Becken eine passende Größe ist hängt vor allem von den zu pflegenden Tieren ab. Für ein Doktorenbecken ist das unterste Grenze, bei einem Schwerpunkt auf Korallen reicht auch ein 200-300l Becken völlig aus. Vor allem die laufenden Kosten sind meistens proportional zur Beckengröße, so dass ein großes Becken auch entsprechend hohe laufende Kosten hat. Allein die Stromkosten machen schnell einen dreistelligen Betrag pro Monat aus.


    Bei der technischen Ausstattung hängt auch viel davon ab, welchen Anspruch man an die Güte der Technik hat. Die 10€/l Beckengröße ist eine Annäherung, mit der man hinkommt, wenn keine besonderen Ansprüche gestellt werden. Wer Highend-Technik vom Feinsten wünscht kann auch deutlich mehr ausgeben.


    Bei den technischen Details hängt eben auch viel davon ab, welche Tiere man pflegen möchte und wie der Anspruch vor allem an die Lautstärke und die Funktionen der Technik ist.


    Bei den Becken etwa bekommt man ein günstiges Becken schon für wenige hundert Euro, aber wenn man Wert auf hohe Farbtreue legt und eine teure Fotoaustattung hat, deshalb Weissglas oder sogar ein Plexiglasbecken wünscht, dann geht der Preis steil in die Höhe.

    Soll es ein Poolbecken mit eleganter Verklebung sein oder reicht ein Becken von der Stange, hat man den Wunsch nach Sicherheit oder ist die Budgetbegrenzung ziemlich festgelegt.


    Bei der Technikausstattung selbst hat sich eine Mindestaustattung für die meisten Becken herauskristallisiert, welche auf einem Abschäumer als Hauptelement im Technikbecken herauslaufen. Dazu kommen aber noch verschiedene Geräte zur Automatisierung und Versorgung und die Anpassung auf bestimmte Versorgungssysteme. Darüber aber kann man später diskutieren.


    Kurz zusammengefasst ist die allgemeine Grundaustattung der normalen Korallenriffaquarien, wo Fische und Korallen gepflegt werden:


    Ein Aquarium mit Schrank und Technikbecken, dazu Verrohrung für den Wasserkreislauf zwischen Schaubecken und Technikbecken

    Beleuchtung über dem Becken für die Korallen

    Abschäumer im Technikbecken und Rückförderpumpe. Dimensionierung grob etwa das Volumen des Beckens als Luftdurchsatz pro Stunde, die Förderpumpe etwa 2-5x pro Stunde das Beckenvolumen als Durchsatz durch das Technikbecken.

    Der Abschäumer sorgt für ein Abscheiden von organischen Materialien im Topf und gleichzeitig einen Gasaustausch mit der Raumluft.


    Dazu kommen jetzt Komfortfunktionen wie

    - automatische Wassernachfüllung mit Osmosewasser zum Ausgleich der Verdunstung

    - Dosierpumpen zum Ausgleich des Verbrauchs von Korallen und Co.

    - Vliesfilter zur automatischen Wattefilterung des Wassers

    - UVC-Filter bei Wassertrübung oder Krankheiten mit Schwärmerstadien oder empfindlichen Fischen

    - Temperaturregelung mit Lüftern, Kühlern oder Heizstab

    - Messautomatisierung usw.


    Das muss man sich dann alles überlegen, wenn man weiss, was man eigentlich pflegen will. Entscheidend ist hier, genügend Spielraum zu lassen, um diese Möglichkeiten auch nutzen zu können. Was hilft es, wenn man sich entscheided, einen weiteren Filter einzusetzen, wenn man gar nicht den dafür notwendigen Platz in einem zu kleinen Technikbecken hat.

    Der Platz ist eigentlich immer zu knapp für die Technik, deshalb darf man nicht Platz verschwenden im engen Technikschrank.


    Einige planen deshalb auch direkt einen Technikraum im Keller oder Nebenzimmer, um genügend Platz für die Technik zu haben.

  • Erstmal vielen Dank für die bereits massigen Informationen. :)


    Also sollte ich vielleicht erstmal schreiben welche Vorstellung ich vom Becken habe um besser bestimmen zu können was ich benötige.


    Wir wollen eine fertiges Haus oder eine fertige Wohnung kaufen, also muss ich mich bezüglich der Statik nach dem richten was ich finde ;(


    Also ich möchte gerne ein schönes Riff haben mit einer bunten Mischung aus Korallen. Ich finde Weichkorallen einfach unheimlich schön und würde diese dann punktuell durch Gesteinskorallen und Ähnliches als Highlight besetzen.


    Bei Fischen tue ich mich noch recht schwer eine Entscheidung zu finden.

    Also Clownsfische möchte ich sehr gerne haben, weil Sie optisch unheimlich schön sind und Sie mich aufgrund des Films auch immer an meine Kindheit erinnern.

    Doktorfische finde ich auch sehr schön, deshalb auch 500l und nicht 200+.


    Ansonsten bin ich noch recht einfallslos, Garnelen und Schnecken würden mir auch gut gefallen.


    Hoffe das hilft etwas bei der Erläuterung für mich.

  • Was genau verstehst Du unter "Weichkorallen"? Grundsätzlich gibt es die Unterscheidung zwischen azooxanthellen und zooxanthellen Korallen. Gerade die Azoos sind oft herrlich farbig und viel in den Riffen zu bestaunen, leider praktisch unhaltbar in normalen Aquarien. Das gilt z.B. für die Dendronephthya und viele andere. Tubastrea etwa kann man noch einigermaßen gut füttern, was aber einen erhöhten Pflegeaufwand bedeutet.


    Wenn es um Korallen geht, die sich in dr Strömung wiegen sind viele LPS sehr schön, wie Wunderkoralle oder Bartkoralle, Euphyllia und viele andere.


    Die Ansprüche richtien sich dabei an den anspruchsvollsten Korallen, was meist die Steinkorallen sind.


    Die Nemos sollten mit einer Anemone gehalten werden, welche erst in einem eingefahrenen Becken eingesetzt werden sollte. Auch muss berücksichtigt werden, dass eine Anemone wandern kann und oft wird und dabei einen regelrechten Vernichtungsfeldzug durch die übrigen Korallen vollzieht. In weitem Umkreis können dann keine anderen Korallen existieren. Von daher muss man da schon sehr gut abwägen, wo die Priorität sein sollte.

  • Ja das mit der Anemone war mir bekannt.


    Ich möchte gerne möglichst einfache Korallen und die sich in der Stömung bewegenden finde ich sehr sehr schön.


    was wäre denn eine mögliche Fischkombination in einem solchen Becken?


    Ich mag es wenn man zum Beispiel 1-2 Highlight-Fische hat und dann um diese etwas unauffälligere Fische setzt

  • Dann solltest Du eine hübsche Kombination auswählen können. Die Qual ist, was man als "Highlight" bezeichnen möchte. Da versteht nämlich jeder etwas anderes drunter. Einer z.B. sagt, die Riesenmuschel ist das Hightlight im Becken, der andere, die Mandarinfische, wieder einer sagt, der Kaiser oder Falter ist das Highlight, oder der Chelmon. Alle ziehen Konsequenzen nach sich, was die Einrichtung des Beckens angeht und was sich dann nicht verträgt.


    Deshalb würde ich zuerst mal bei Aquarianern in der Nachbarschaft oder Bekanntenkreis genau hinschauen, was Dich anspricht und Du pflegen möchtest, dann Informationen zu den Tieren sammeln, was diese brauchen und dann Planungen aufstellen, was für die Pflege notwendig ist.


    Einige Fische sind schlcht nicht möglich bei 500l, wenn man halbwegs tiergerecht seine Zögliche pflegen möchte. Ein Palettendoktor in 500l geht einfach nicht, auch die meisten anderen Doktoren sind einfach zu groß.


    Eine klassische Besetzung für ein 500l-Becken wäre etwa ein paar Fahnenbarsche mit einem Borstenzahndoktor oder Hawaiidokktor mit einem Pärchen Mandarinfische. Nur darf man nie unterschätzen, wie schnell die Fische wachsen und wie gering die biologische Kapazität in einem Meerwasserbecken ist. Das führt dann schnell dazu, dass wenig gefüttert wird und die Fische lethargisch herumhängen und hungern.


    Es gibt leider sehr viele schöne Meerwasserfische und nicht einmal einen Bruchteil davon kann man in einem Becken pflegen.

  • Genau das ist der Grund wieso ich frage was möglich ist. Denn ich hasse nichts mehr als wenn Tiere nicht tiergerecht gehalten werden.


    ich schaue mich mal ein wenig online um und schreibe dann mal was mich ansprechen würde

  • Hm, am einfachsten, ich sage mal, was Du tatsächlich davon halten kannst in 500l:


    Anemonenfische (alle Arten)

    Mithraculus sculptus

    - Regenbogenlippfisch (tiefere Sandschicht)

    - Grabender Seestern (tiefere Sandschicht, Bodenfauna ausgeprägt)

    - Juwelen-Fahnenbarsch (Gruppe)

    - Weissband-Putzergarnele

    - Gebänderte Scherengarnele


    Möglich, aber wahrscheinlich wirst Du es bereuen:

    - Dreipunkt-Preussenfisch (Ruppsack)

    - Durban Tanzgarnele (geht an viele Korallen dran)

    - Neondemoiselle (nur in der Jugend hübsch, Ruppsack)

    - Springers Demoiselle (Ruppsack)

    - Arzur Riffbarsch (Ruppsack)

    - Gelbschwanzdemoiselle (Ruppsack)


    - Gestreifter Zwergkaiser (kann bzw. wird an Korallen gehen)

    - Sechsstreifenlippfisch (Stinkstiefel)


    Schwierig zu halten:

    - Gelber Langnasenpinzettfisch (Nahrungsspezialist)

    - Chelmon (Nahrungsspezialist)


    Den Rest habe ich nicht aufgeführt, weil sie zu groß werden


    Hier zwei Ressourcen für Deine Rechersche:

    Meerwasser-Lexikon https://www.meerwasser-lexikon.de (auch als kostenlose App für's Android-Handy)

    Du findest hier auch viele Hinweise, ob der Fisch überhaupt in Frage kommt wegen Größe oder Verhalten


    https://www.fishselector.com/

    Hier kannst Du mit Angabe der Beckengröße passende Fische suchen (auch bei MeWaLex)

    Allerdings sind die Angaben sehr scharf.

  • Doktoren, Falter, Kaiser sind in 500l leider nur sehr begrenzt möglich, Bei den Riffbarschen ist es durchaus möglich, aber wahrscheinlich, dass Du es bereust, sie eingesetzt zu haben. Die meisten sind leider unverbesserliche Streithandel. Bei der richtigen Einrichtung geht es aber teilweise durchaus.


    Schau Dir die Beschreibungen im Meerwasser-Lexikon ruhig an und die Erfahrungsberichte. Dieses Lexikon wird Dir auch im Geschäft eine wertvolle Hilfe sein, weil viele Verkäufer Dir etwas aufschwatzen wollen und Du dort einfach nachschauen kannst.

  • Ja das im Geschäft ist mir schon sehr extrem aufgefallen.

    Die verkaufen einem auch Fische die mindestens 1000l bräuchten.


    deswegen auch meine Aussage das die Verkäufer in meiner Gegend eher unfähig sind.

  • Ganz vor Fehlkäufen wirst Du nie sicher sein, aber immerhin hast Du mit der App MeWaLex dann einen Rückhalt und kannst die Erfahrungen von anderen sehen. Und immer daran denken: Tiere sind Individuen wie auch wir Menschen, das Verhalten kann man nie wirklich sicher vorhersagen.

  • Ja das ist mir bewusst. Ich mag allgemein sehr gerne Tiere und hatte bei meinen Eltern auch schon Hund, Hamster, Vögel.

    Bei mir selbst habe ich jetzt seit 7 Jahren Süßwasserfische.


    Daher werde ich bestimmt auch mal einen nicht so einfachen Fisch austesten, in der Hoffnung das er friedlich bleibt :)


    Für den Aufbau und die Technik des Aquariums werde ich mir vielleicht professionelle Hilfe holen, ich hab da heute mal angefragt.

  • Ich habe leider nicht so gute Erfahrungen gemacht, was "professionelle" Beratung betrifft. Am Ende habe ich fast alles wieder ersetzt im Laufe der Zeit. Wenn möglich würde ich mir die Hilfe eines erfahrenen Aquarianers suchen, der mit Rat zur Seite stehen kann. Das würde schon bei der Planung die meisten Probleme vermeiden.